"Ich habe die Gefühle einfach während der Haft abgeschaltet" Gilbert Furian

Fotos: Stephan Hager

Für die zehnten Klassen und die Q12 bot sich am Mittwoch die besondere Gelegenheit, sich mit dem Alltag in der DDR auseinanderzusetzen. Denn Herr Gilbert Furian besuchte unsere Schule, um von seiner Kindheit und Jugend in der DDR sowie seinen Konflikten mit der Stasi zu erzählen, was er eindrucksvoll tat.

Als Jugendlicher erkannte er bereits, dass das Leben stark in der Meinungsfreiheit eingeschränkt war, weil er zuerst zur Jugendweihe antreten musste und sich erst danach konfirmieren lassen konnte. Sonst hätte er keine Chance erhalten, auf die EOS (Erweiterte Oberschule) zu gehen und das Abitur zu machen. Deshalb ist er ohne große Überzeugung auch in die Freie Deutsche Jugend (FDJ) eingetreten, aus der er jedoch nach eineinhalb Jahren ausgeschlossen wurde. Genau dies vereitelte seinen Plan, Dolmetscher zu werden und er musste eine Ausbildung absolvieren. Obwohl ihm seine Zukunftspläne also vom SED-Regime zunichte gemacht worden sind, berichtete Herr Furian auf eine leichte und lockere Art davon, die alle Zuhörer schnell fesselte.

Noch beeindruckender wurde der Vortrag schließlich, als es um die über einjährige Haft u.a. im Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen ging, was Herr Furian durch zahlreiche Fotos noch dokumentierte. Er hatte Punks in der DDR zu ihrer Lebenseinstellung und ihrer Haltung zur Gesellschaft bzw. zum Staat befragt, diese Interviews schriftlich niedergelegt und unerlaubterweise vervielfältigen lassen. Als er seiner Mutter zehn Exemplare der Broschüre in den Westen zur Versendung an Freunde mitgab, wurden die Hefte an der Grenze entdeckt und Herr Furian unter Beobachtung der Stasi gestellt. Nach drei Monaten Observation wurde er schließlich verhaftet und u.a. ins Gefängnis nach Hohenschönhausen verbracht.

Dort „schaltete er seine Gefühle einfach ab“, damit er nicht am Zorn und an den Aggressionen gegenüber den Wärtern und seinem Vernehmer leiden musste. Dies hat alle Zuhörer am meisten erstaunt, dass die Seele eines Menschen so etwas überhaupt ertragen kann. Doch nicht nur das, er hat viel später seinen Vernehmer mehrmals getroffen und sich sogar mit ihm ausgesöhnt, worüber er ein Buch geschrieben hat.

Kleine Anekdoten brachten das Publikum zwischendurch immer wieder zum Schmunzeln und am Ende waren sich alle einig, dass wir Herrn Furian bewundern und ihn gerne wieder an unsere Schule einladen werden, was er von sich aus angeboten hat. Er möchte gegen das Vergessen arbeiten und aufzeigen, wie das Leben in der DDR tatsächlich vonstattenging, was ihm hervorragend gelungen ist.