Eindrücke aus der Ukraine
Zunächst erzählte er in einer kurzen persönlichen Vorstellung , dass er der Ordensgemeinschaft der Redemptoristen angehört, die auf der ganzen Welt ungefähr 5000 Mitglieder zählt und v.a. in den Missionsgebieten am Wachsen sei. Eigentlich verbringt er seine Zeit in deren Kloster in Gars am Inn, vor zweieinhalb Jahren zog es ihn aber in die Ukraine, um dieses faszinierende Land mit dessen Sprache, Kultur und Schrift kennenzulernen und den Menschen dort zu helfen. Nach einer ersten Zeit in Lemberg (Westukraine), das sowohl viele Jahre unter Österreichs Herrschaft stand – viele Gebäude wie z.B. die Staatsoper zeigen Wiener Charme und auch diverse Straßennamen sind nach österreichischen Herrschern wie Maria Theresia benannt – als auch später unter polnischen und deutschem Einfluss, kam er nach Ivanofrankivsk, um im dortigen Kloster ein großes Projekt umzusetzen. Mit Unterstützung der katholischen Hilfsorganisation Renovabis entstanden hier eine Bäckerei und ein Cafe, in der auch geistig Behinderte eine Arbeit fanden. Eine ganz besondere Aktion, weil man sich in der Ukraine für geistig behinderte Menschen leider immer noch schämt und diese eigentlich wegsperrt. Bis zum 23. Februar, als er auf Bitten seiner Familie und seines Ordens mit dem letzten Flugzeug vor dem russischen Angriff die Ukraine verließ, wirkte er dort und möchte – sobald sich die Situation bessert – auch wieder zurück.
Nebenbei erklärte er den Schülerinnen und Schülern auch die Bedeutung der ukrainischen Flagge: während blau für den Himmel steht, steht die Farbe gelb für die Getreide- und Sonnenblumenfelder der Ukraine. Die Ukraine wird auch als Kornkammer Europas bezeichnet und damit erklärt sich auch der momentane Engpass im Bereich von Öl oder auch Getreide.
Im Anschluss durften die Jugendlichen Fragen stellen, die sich v.a. um die Situation der Menschen dort drehten. Bruder Robert Müller berichtete von der schockierenden Situation: Immer wieder werden die Städte beschossen, seit Wochen leben die Menschen in Kellern oder U-Bahn-Schächten. Ferner muss, da sich das Leitungswasser nicht zum Trinken eignet, Trinkwasser gekauft werden und aufgrund der Kriegssituation können v.a. Städte teilweise schon nicht mehr damit beliefert werden. Gerade auch deswegen seien die Klöster, die für Essen, Trinken und medizinische Versorgung sorgen, ein wichtiger Zufluchtsort für die Menschen. Seine Mitbrüder arbeiten teilweise im Untergrund und versuchen unter Lebensgefahr das Essen in die Kriegsgebiete zu schaffen.
Gleichzeitig erzählt er den Schülerinnen und Schülern davon, dass die Ukrainer sehr genügsame Menschen sind, da sie strenggläubig sind und deswegen 160 Fasttage im Jahr haben. Im Gegensatz zu den römisch-katholischen Christen feiern die orthodoxen Christen nach dem römisch-julianischen Kalender, d.h. Weihnachten fällt z.B. auf den 6. Januar und davor sind im Advent 6 Wochen Fastenzeit. Auch vor großen Festtagen wie etwa Maria Himmelfahrt oder Peter und Paul halten die Orthodoxen strikt zwei Wochen Fastenzeit ein. In diesem Kontext ging er auch kurz auf die religiöse Zusammensetzung in der Ukraine ein:
Während in der Ostukraine die meisten Menschen Atheisten sind – gefolgt von den russisch-orthodoxen Christen, den griechisch-unierten und dann erst den römisch-katholischen, haben in der Westukraine die griechisch-unierten Christen den größten Anteil, gefolgt von den russisch-orthodoxen, den Atheisten und dann den protestantisch-evangelischen. Er ging auch kurz auf die Geschichte und die Entwicklung der Glaubensrichtungen ein und erklärte die Entstehung der griechisch-unierten Christen. Darüber hinaus erklärte er, dass der Krieg in der Ukraine auch einen religiösen Hintergrund habe, da sich das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche – auch ein Verbündeter Putins – von der orthodoxen Kirche abgekapselt hat und sich selbst als Oberhaupt der kompletten orthodoxen Kirche sieht.
Zum Abschluss des eindrücklichen Vortrags formulierte Bruder Robert noch ein persönliches Anliegen an die Anwesenden: Er gab ihnen auf den Weg, dass sie nach den vielen Einschränkungen angesichts der Corona-Pandemie nun trotz des Krieges natürlich die Lockerungen nutzen, ihr Leben genießen, Spaß haben und feiern dürfen. Gleichzeitig bat er alle aber um einen respektvollen Umgang mit der Situation in der Ukraine, da dort täglich Menschen sterben – auch Jugendliche in ihrem Alter.