"Ein Mensch ist erst dann vergessen, wenn sein Name vergessen ist"

Stolpersteine für Moosburg

Fotos: Sophie Lückermann und Lasse Saake

"Ein Mensch ist erst dann vergessen, wenn sein Name vergessen ist".

Dieses Zitat aus dem jüdischen Weisheitsbuch Talmud diente dem Künstler Gunter Demnig als Inspiration für sein Projekt "Stolpersteine". Das seit den 1990er Jahren laufende Kunst-Projekt soll an die Verfolgten und Opfer des Nationalsozialismus erinnern und das Gedenken an diese Personen zurück an die Orte ihres Lebens bringen. Die Stolpersteine sind absichtlich im Boden verlegt, damit man sich bücken muss und sich dadurch vor den Opfern verbeugt, um die Texte der Stolpersteine zu lesen. Man stolpert nicht und fällt hin, sondern sein Kopf und Herz stolpern über die Geschichte und die furchtbaren Schicksale der Opfer. Das Projekt Stolpersteine kann als das größte dezentrale Mahnmal der Welt bezeichnet werden, denn mehr als 90.000 Stolpersteine wurden bereits in zahlreichen Städten und Gemeinden v.a. in Europa verlegt.

Seit dem 26.10.2021 gibt es auch in Moosburg zwei Stolpersteine, die an das Schicksal von Alois Weiner und Heinrich Hiermeier erinnern. Die beiden Moosburger Bürger wurden in der Zeit des Nationalsozialismus inhaftiert bzw. deportiert. Alois Weiner (1872 - 1953, Auf dem Gries 4), der als jüdischer Textilhändler von den Nazis verfolgt, entrechtet und schließlich 1942 ins KZ Theresienstadt deportiert wurde, kehrte nach dem Krieg nach Moosburg zurück und half dann dabei, die demokratische Grundordnung und insbesondere soziale Einrichtungen in Moosburg wiederaufzubauen. Bis zu seinem Lebensende 1953 blieb Alois Weiner politisch und sozial sehr aktiv und leitete beispielsweise das Fürsorge- und Wohlfahrtsamt. Der Moosburger Heinrich Hiermeier (1907-1940, Am Stadtgraben 30) engagierte sich ab 1931 politisch für die KPD, was ihn zwangsläufig ab 1933 in Konfrontation mit den Nationalsozialisten bringen musste. Er wurde mehrmals zu Gefängnisstrafen verurteilt und kam schließlich in ein Arbeitslager am Obersalzberg bei Berchtesgaden, wo er 1940 unter bis heute ungeklärten Umständen ums Leben kam.

Stadtarchivar Wilhelm Ellböck, der Stiefenkel Heinrich Hiermeiers, schilderte bei der Feierstunde anlässlich der Verlegung des Gedenksteins für seinen Großvater sichtlich bewegt dessen kurzes und unangepasstes Leben und betonte, dass dieser sich getraut habe, für seine Ideale einzustehen und - Ellböck zitierte hier Konstantin Wecker - "s'Maul auf(zu)machen", auch wenn er diese Standhaftigkeit am Ende mit seinem Leben bezahlen musste. Michael Stanglmeier, Dritter Bürgermeister der Stadt Moosburg, argumentierte zu Beginn der Veranstaltung bei seiner Übermittlung der Grußworte der Stadt Moosburg in eine ähnliche Richtung: Eine aktive Erinnerungskultur werde in diesen Zeiten erneuten Aufflackerns rechtsextremer Tendenzen immer wichtiger. Die Biographie Alois Weiners stellte vor dessen ehemaligen Geschäftshaus Dr. Guido Hoyer vor, der Vorsitzende der "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes" (VVN) und zusammen mit Stadtrat Stefan John Mitinitiator des Antrags auf die Verlegung von Stolpersteinen in Moosburg, den der Stadtrat im Januar 2021 überparteilich und einstimmig annahm.

Stefan John war es auch, der maßgeblich den Kontakt zum Karl-Ritter-von-Frisch herstellte und die Schülerinnen und Schülern des P-Seminars "Stolpersteine" und ihren Kursleiter Stephan Hager in Ablauf und Organisation des Festakts anlässlich der Verlegung der Stolpersteine mit einband. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des P-Seminars informierten die Gäste über den Künstler Gunter Demnig und dessen Stolperstein-Lebensprojekt und sorgten für einen entsprechenden künstlerischen Rahmen, indem sie Gedichte von Rose Ausländer und Bertolt Brecht sowie den Song "Imagine" von John Lennon vortrugen. Außerdem kündigten die Schüler/innen an, dass sie Wikipedia-Einträge zu Heinrich Hiermeier und Alois Weiner sowie einen Geschichtsrundgang zu Gedenk- und Erinnerungsstätten in Moosburg erstellen wollen.